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Großartig: THG-Schüler spielen im Scharoun-Theater

Paul Fiebich und Markus Schneider (12. Jahrgang) auf der Bürgerbühne
„Jugend ohne Gott“ – ein großartiges Erlebnis, was beide mit Stolz erfüllt

„Jugend ohne Gott“, nach dem Roman von Ödön von Horváth im Jahr 1937, ein Projekt der neu gegründeten Bürger:Bühne, zwei Aufführungen im April, „ein Stück mit Schauspielerinnen und Schauspielern, die Lust haben, in einer professionellen Produktion des Scharoun Theaters auf der Bühne zu stehen“, so steht es im diesjährigen Programmheft des Wolfsburger Scharoun Theaters. Und mit auf der Bühne stehen Paul Fiebich und Markus Schneider, Schüler des THGs und engagierte Mitglieder der Darstellenden-Spiel-Kurse im 12. Jahrgang. Die Karten sind schnell alle ausverkauft, der Saal dicht besetzt mit jungen Menschen. Acht Schauspielerinnen, auch alle junge Menschen, normal angezogen, treten auf und heften einen großen Buchstaben, ihren Namen, wie sich herausstellen sollte, an die Rückwand der ansonsten leeren Bühne. Markus spielt Z,  Paul heißt R. „Jugend ohne Gott“ zeigt an diesem Abend eine Schulklasse, die unsere Welt und ihre Lehrerin radikal hinterfragt und sich nicht länger mit Beschwichtigungen und Pseudogerede zufrieden gibt. Auf der Klassenfahrt eskaliert die Situation, als eine Kamera gestohlen wird und das Mädchen einer Vagabunden-Gruppe in Nähe der Unterkunft verdächtigt wird. Z, also Markus, protokolliert, zunehmend beklemmend, permanent alle Ereignissen in seinem Notizbuch, entwickelt sich aber dann zum ambivalenten Verteidiger des Mädchen, nachdem sich eine flott in Szene gesetzte Liebelei zwischen den beiden, auch hinter dem Zuschauerpodest im Off geräuschvoll und rennend, entspannt hat und als plötzlich die Mitschülerin N plötzlich tot aufgefunden wird und das Mädchen sofort verdächtigt wird. Oder steckt R, überzeugend gespielt von Paul, dieser zwielichtige Typ, dahinter? Hat er vielleicht die Klasse aufgestachelt, den anonymen Brief an die Lehrkraft zu schreiben, den alle bis auf eine/n unterschrieben haben? Am Ende treibt die Klasse die Lehrerin gnadenlos und konsequent-kalt in die Ecke, das Mobbing endet im Gerichtssaal mit der Verurteilung von Z, wobei die Zuschauenden ahnen, dass hier der Falsche verurteilt wird. Diesen desillusionierten SchülerInnen, die von Allen so doppeldeutig und unberechenbar gespielt werden, dass den ZuschauerInnen mulmig wird, traut man alle Gemeinheiten zu. Am Ende daher etwas beklemmende Stimmung im Publikum, sind wir wirklich so abgrundtief?, doch dann tobender Applaus!

Aber wie ist es eigentlich dazu gekommen, dass zwei sonst so freundliche Schüler hier auf der Bühne stehen und ganz großes, professionelles Theater abliefern?

„Der Gedanke, tatsächlich mal auf einer Bühne zu stehen, schien mir immer sehr surreal. Ich dachte immer, man müsse lange Bewerbungen schreiben, sich gegen andere beweisen und besonders viel Glück haben, bis man es irgendwie ins Theater schafft. In Wahrheit war alles, was ich brauchte, eine kurze E-Mail, als ich im DSP-Unterricht davon erfahren habe, zu schreiben, und plötzlich stand ich den Samstag darauf auf der Probebühne, oben am Scharountheater mit sieben Anderen“, erzählt Markus. Dann folgte eine intensive Probezeit, über Monate hinweg traf sich die Gruppe dreimal wöchentlich, für insgesamt immer neun Stunden. „Unter der Führung des Leiters des Jungen Theaters im Scharoun Theater, Jürgen Beck-Rebholz, entstand eine großartige Harmonie in der Gruppe“, berichtet Paul, „meine offenen und netten TheaterkollegInnen, die aus anderen Schulen kommen, aber auch zum Teil auch schon studieren, spielten aber auch eine große Rolle.“ „Natürlich musste ich mich ab und zu hinsetzen und Text lernen und dazu einiges an Zeit investieren. Allerdings kann man kaum beschreiben, wie viel Spaß es gemacht hat, aus einem Skript und unter der Leitung von Jürgen ein ganzes Theaterstück zu schaffen, bei dem man auch stolz war mitzumachen.“ Und was nehmen die beiden aus dieser besonderen Erfahrung mit? Paul meint, er habe gelernt, dass man, um Theater zu spielen, besonders aus sich herauskommen muss. Auch Rollen und Gedanken, die einem persönlich eigentlich widerstreben würden, müsse man sich trauen zu äußern. Paul: „Dadurch fällt es mir nun deutlich leichter, im Alltag als der Charakter aufzutreten, der ich nun mal bin. Meiner Meinung nach würde Theater zu spielen vielen Menschen helfen, ein besseres Bild von sich selbst zu bekommen, aber auch sich endlich mal weniger ernst zu nehmen.“

Die nächste Chance für alle Interessierten besteht dazu im Jahr 2025, wenn das Projekt „Jugend ohne Gott“ in neuer Besetzung wieder aufgenommen wird. Hinweise finden sich dann https://theater.wolfsburg.de/ oder einfach bei Juergen.Beck-Rebholz@theater.wolfsburg.de nachfragen.  (sh)

Markus als Z – wir als Zuschauenden rätseln, welche Hintergedanken er hat… © Romy Marie Schütte