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„Das sicherheitspolitische Berlin”-  Was erfahren wir in der Hauptstadt über die Bewältigung der neuen Herausforderungen unserer Zeit?

Die von der Fachgruppe Politik in Kooperation mit den Jugendoffizieren der Bundeswehr angebotene und organisierte Studienfahrt führte uns am Dienstag, den 10.01.2023 für vier programm- und erlebnisreiche Tage nach Berlin. Thematischer Schwerpunkt unseres Aufenthalts sollte der Umgang verschiedener (politischer) Institutionen mit den Herausforderungen der sogenannten Zeitenwende nach Ausbruch des Krieges in der Ukraine sein. Bevor jedoch diese “neue Realität” im Mittelpunkt unseres Programms stehen sollte, warfen wir einen wichtigen Blick zurück, indem wir bereits am Anreisetag einen Zwischenstopp am Haus der Wannsee-Konferenz und im Stasi-Gefängnis Hohenschönhausen einlegten. In beiden Bildungs- und Gedenkstätten bekamen wir im Anschluss an sehr eindrückliche Führungen die Möglichkeit, die Unrechts- und Gräueltaten der deutschen Geschichte zu diskutieren. Am 20. Januar 1942 trafen sich 15 Vertreter des NS-Regimes in der Villa am Wannsee, um dort die sogenannte “Endlösung der Judenfrage” zu klären. Die Erfahrung im Haus der Wannsee-Konferenz war augenöffnend und durchaus informativer und tiefgreifender als jegliche Internetartikel oder Bücher, die wir zu dem Thema lesen hätten können. Im ehemaligen Gefängnis der Staatssicherheit in Berlin Hohenschönhausen wurde uns nicht nur die wandelnde Geschichte von physischer zu psychischer Gewalt im Umgang mit Gegner der DDR vermittelt, sondern auch durch die verschiedenen Räumlichkeiten und Erzählungen eines Zeitzeugen Eindrücke der Betroffenen vor Augen geführt.

Am nächsten Tag besuchten wir das Bundesministerium der Verteidigung. Dort informierte man uns nicht nur über allgemeine Aspekte zum Ministerium und dessen Auftrag, sondern ging vor allem durch Rückfragen auf aktuell brisante Themen, wie der Ukraine-Krieg, die Beschaffungspolitik der Bundesregierung sowie des Ministeriums und das neu beschlossene Sondervermögen für die Bundeswehr, ein. Abgeschlossen wurde unser zweistündiger Besuch durch eine Führung zum Ehrenmal der Bundeswehr auf dem Gelände des Verteidigungsministeriums. In diesem symbolischen Bauwerk werden allen gefallenen Soldaten und Soldatinnen der Bundeswehr gedacht, aber auch Privatpersonen haben die Möglichkeit, hier um ihre verstorbenen Angehörigen zu trauern.

Anschließend haben wir auch das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung besucht. Zuständige Bundesministerin für dieses Ministerium ist Svenja Schulze. Die weitreichenden Aufgaben und Projekte des in der Öffentlichkeit eher weniger bekannten Ministeriums sind auf zahlreiche Arbeitsgruppen aufgeteilt, die sich in der Regel mit einem bestimmten Land beschäftigen. Hierzu werden von den globalen Zielen für nachhaltige Entwicklung einige ausgesucht, welche im Zusammenhang mit dem Land genauer in Betracht gezogen werden sollen. Kernthemen sind hierbei beispielsweise Hungerbeseitigung oder die Weiterentwicklung der feministischen Entwicklungs-politik. Unser Referent hat uns beispielhaft an seinem aktuellen Projekt, in dem er sich mit seiner Arbeitsgruppe um die Entwicklung des afrikanischen Landes Benin kümmert, verdeutlicht, wie solch eine Arbeit konkret aussieht und welche Problematiken entstehen. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass auch der Besuch des BMZ äußerst interessant war, da uns durch den spannenden Einblick in die konkrete politische Arbeit des Ministeriums nochmal verdeutlicht wurde, wie wichtig es ist, andere Länder bei ihrer Entwicklung zu unterstützen. Am Mittwochabend machten wir uns dann noch per U-Bahn von unserer Unterkunft auf den Weg zur Station „Gesundbrunnen“, in dessen Nähe für uns eine Führung durch die (stillgelegten) Bunker Berlins (Berliner Unterwelten) begann. Nachdem wir den Eingang und unsere Tourguides im düsteren Nieselregen gefunden hatten, führten sie uns durch ein kleines Treppenhaus in den ersten Bunker, oder wie er eigentlich heißt „Zivilschutzanlage Blochplatz“, in dem 1318 Personen für 10 Stunden, in Sonderfällen auch 48 Stunden Schutz finden sollten. Hier erfuhren wir viel über den Umgang mit Wasser- und Nahrungsvorräten, die Organisation der Abläufe in der Unterwelt sowie die Anzahl und Verteilung der Schlafplätze.

Zu Fuß ging es weiter zur U-Bahnstation Pankstraße, die 1977 als Atomschutzbunker gebaut wurde. Im Falle radioaktiver Verstrahlung wäre sie hermetisch abgeriegelt worden, und man hätte nur noch durch Schleusen Personen hereingelassen. Dieser beeindruckende Bunker war ausgelegt für 3339 Menschen, die dort Schutz für mehrere Wochen finden sollten. In dieser Anlage sind auch Betten (4 Stöckig) vorhanden, die allerdings keine Matratzen sondern lediglich Liegeflächen aus einer Art LKW-Plane haben. Zusätzlich ist hier auch eine Küche verbaut, um die Versorgung zu ermöglichen. Diese besondere Tour hat sich auf jeden Fall gelohnt, da sie nur die aktuell brisante Thematik des Bevölkerungsschutzes vor Augen geführt hat, sondern über eindrucksvoll war und absolut empfehlenswert ist.

Am Donnerstag, dem dritten Tag unserer Berlinfahrt, besuchten wir nach einer ca. zweistündigen Führung durch das Regierungsviertel mit Abschluss und klassischem Gruppenfoto vor dem Brandenburger Tor, den deutschen Bundestag im Reichstagsgebäude. Nach einem ausführlichen Vortrag auf der Besuchertribüne des Plenarsaals, in dem wir viele Informationen über die Organisation und den Aufbau des Bundestages erhielten, trafen wir die Büroleiterin einer Bundestagsabgeordneten, die uns einen interessanten Einblick in Ihren Arbeitsalltag und die Abläufe im Haus gab. Das Gespräch entwickelte sich zu einer interessanten Fragerunde, in der sowohl (ziemlich) private, als auch berufliche Fragen auf zum Teil sehr unterhaltsame Weise geklärt wurden. Abschließend ging es mit Audioguides ausgestattet auf die riesige Glaskuppel, was bei einem Besuch des Reichstagsgebäudes natürlich nicht fehlen darf. Für die meisten Schülerinnen und Schüler  war dies wohl das Highlight des Tages. Wir sahen Berlin von oben und bekamen einen Überblick über die bekanntesten Wahrzeichen und wichtigsten Gebäude der Hauptstadt. So verließen wir den Bundestag mit vielen neue Eindrücken und werden den Tag wohl in schöner Erinnerung behalten. Zusätzlich bot sich uns die besondere Möglichkeit am späteren Nachmittag das Zentrum für internationale Friedenseinsätze zu besuchen. Diese Institution, welche 2002 von der Bundesregierung im Bundestag gegründet wurde, erstellt beratende Politikanalysen und entsendet als Kernaufgabe verschiedensten, eigens ausgebildete Zivilakteure durch globale Friedenseinsätze in die jeweiligen Krisenregionen. Mit überaus vertiefenden und detaillierten, materialgebundenen Analysen erhielten wir durch die Referenten auch einen interessanten Einblick in die Situation des Ukraine-Kriegs.

Nach dem frühen Check-out im Hostel am Freitag, dem Abreisetag, stand abschließend der Besuch im Einsatzführungskommando der Bundeswehr in einer Kaserne bei Potsdam auf dem Plan. Das Einsatzführungskommando der Bundeswehr nimmt wohl die zentrale Rolle bei der Koordination der  Auslandseinsätze der Bundeswehr ein. Hier aus Schwielowsee wird die personelle und materielle Einsatzbereitschaft der Kontingente gewährleistet. Alle Einsätze der Bundeswehr werden grundsätzlich vom Einsatzführungskommando der Bundeswehr geplant und geführt. Damit ist auch die Verantwortung für den Schutz der Soldatinnen und Soldaten im Einsatz verbunden. Diese Aufgabenfelder wurden uns nach einem ausgesprochen persönlichen Empfang eindrücklich vermittelt, wobei besonders hervorzuheben ist, dass von dem geplanten Vortrag immer wieder spontan abgewichen wurde, um vielmehr die unzähligen Fragen der Schülerinnen und Schüler zur Bundeswehr im Allgemeinen sowie zum Krieg in der Ukraine im Besonderen aufzugreifen und ausführlich zu beantworten. Nach einem intensiven und sehr regen Austausch in angenehmer Atmosphäre wurden wir dann noch zu dem eindrücklichen „Wald der Erinnerung“ geführt. Hier befinden sich unter anderem die Ehrenhaine der Bundeswehr aus den Einsatzgebieten im Ausland. Dieser rund 4500 Quadratmeter umfassende Ort dient sowohl der Erinnerung an die im Ausland gefallenen Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr als auch als Mahnmal.

Mit zahlreichen Eindrücken aus dem „sicherheitspolitischen Berlin“ im Gepäck brachte uns unser Busfahrer Dieter schließlich zurück nach Wolfsburg, wo wir nach einer ebenso programmreichen wie interessanten Fahrt im strömenden Regen vor dem THG auseinandergingen.